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09.04.2014

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt…

Vor nicht einmal zwei Wochen bin ich von unserem Frühjahrstrip aus Italien nach Hause gekommen. Normalerweise sind die Nerven aufs Erste beruhigt und auch in der Heimat steh’ ich in den Startlöchern. Allerdings war in diesem Jahr alles etwas anders. Statt meinem Boot hatten wir Saschas neue Errungenschaft im Schlepptau: eine neu aufgebaute US-Army Sturmbootschale, die für uns eine super Basisstation für unsere flexible Bootsangelei war.

Auf dem Rückweg hatten wir Probleme mit dem Trailer. Nach 5 km Fahrt signalisierte uns ein LKW-Fahrer, dass mit unserem Gespann etwas nicht stimmte. Nach kurzer Begutachtung war das Malheur ausgemacht. Beide Radlager waren defekt! Es half alles nichts, das Boot musste in Italien bleiben, da ich am nächsten Tag schon wieder weiter nach Belgien auf eine Messe wollte. Nach einigen Telefonaten zeigte sich wieder, was gute Freunde ausmachen. Markus Eule von der Waller-Welt nahm sich der Sache an und parkte das Boot sicher in seiner neuen Bootshalle. Mille Grazie mein Freund!

Nun ging es darum, Nägel mit Köpfen zu machen. Sascha wollte das Missgeschick gleich nutzen und einen neuen, größeren 1800 kg Trailer organisieren. Meine Freundin hatte eine Woche später Urlaub, so wuchs schon auf dem Rückweg von Italien, der Wunsch bald wieder hierhin zu reisen. Das Boot war startklar in der Waller-Welt und mein Bus war ebenfalls noch geladen. Zwei Nachrichten später war klar, dass es bereits den darauffolgenden Freitag wieder in Richtung Süden gehen sollte. Von einigen Sessions an heimatlichen Gewässern wusste ich, was ich meiner Herzdame zumuten konnte, aber eine Woche Italien ist dann doch noch mal eine andere Liga und ein paar Zweifel blieben … Am späten Freitagabend erreichten wir nach einigen Staus die Waller-Welt in Borgoforte.

Die Woche davor war wieder mal ein guter Anstieg zu verzeichnen und die Big Fish schlugen sich die Bäuche mächtig voll. Im Vergleich zu meinem ersten Trip hatten sich die Bedingungen also nicht sonderlich geändert. Eine gute Fressphase ging voraus, das Wasser war am Fallen und die großen Fische waren voll gefressen. Wenigstens war das Wetter mit weit über 20 C° wirklich traumhaft und ich hatte eine Sorge weniger. Dauerregen, kalter Ostwind und 5 C° wollte ich meiner Freundin beim ersten Auslandstrip nicht unbedingt zumuten …

Ich rechnete mit wenig Aktivität der Fische. Wenn sie also nicht zu uns kommen, müssen wir unsere Köder in ihren Wohnzimmern präsentieren. Die aktuelle Echolottechnik in Form von Down Scan und Side Imaging erleichtert einem die Suche nach Standplätzen ungemein, wer diese Technik aber nicht auf dem Boot hat, muss sich eben auf seine Erfahrung und sein Gespür verlassen, so auch wir.

In der ersten Nacht wollte ich noch den Auslauf eines großen Überflutungsgebietes angeln, um eventuell rausziehende Fische abzufangen. Zudem hatte ich hier die Möglichkeit, geschützt von Treibgut, in den Fluss zu angeln. Bereits in der ersten Nacht hatten wir dreimal Vollkontakt und Sabrina war mächtig am Drillen, während ich sie mit dem Schlauchboot durch die dunkle Nacht chauffierte. Der Spaß stand ihr ins Gesicht geschrieben. Tagsüber die warme italienische Sonne genießen und nachts drillen bis die Arme schmerzen.

Bereits jetzt war der Fluss voll mit Meeräschen, die sich am Abend schon auf die Sandbank drückten. Seit November letzten Jahres zeigten sich die Sandbänke so langsam zum ersten Mal wieder. Die Sandbänke waren demnach lange unbefischt, es hatten sich neue Abrisse gebildet und die waren voll mit den Lieblingsbeutefischen. Stöcke waren zügig gesteckt, ein Monsterabriss von 0,5 m auf 3,2 m ließ uns voller Spannung die Nacht erwarten. Die Katzen gingen wieder krumm und wir mussten in kurzen Abständen aus unseren Schlafsäcken. Mit dem Ergebnis war ich zufrieden, aber man merkte, dass die großen Fische nicht sonderlich aktiv waren. Sabrina konnte sich so langsam ein Bild davon machen, wie ein Tag und eine Nacht am Fluss aussieht. Köderfische fangen, Platz wechseln, Steine binden, Montagen kontrollieren und ausbringen, Fische drillen und fotografieren etc. Ihr schien es zu gefallen, denn von Tag zu Tag brachte sie sich mehr in die Welt des Angelns ein. Sie wollte alles wissen: Wie werden die Knoten gebunden? Wie werden die Köderfische angeködert? Warum legen wir die Rute hier ab? Was bedeutet diese Linie auf dem Echolot? Kurzum, es machte wahnsinnigen Spaß, ihr alles bis in letzte Detail zu erklären und es erfüllte mich mit Stolz, dass sie das Gelernte auch gleich in die Praxis umsetzen konnte.

Wir versuchten viel und wechselten täglich den Platz. In einem tiefen Naturufer, das nur vom Boot aus zu beangeln war, überschlugen sich nun die Ereignisse. Wir waren gerade dabei die dritte Rute zu setzen, als wir beim Zurückfahren bereits den ersten Take vernahmen. Nun bekam ich Kommandos, wie ich das Mission-Craft zu steuern hatte und wo die Fahrt hingehen sollte … Die Schlagzahl blieb hoch, meine Holde war in einem echten Fischrausch und ich durfte keine Rute anrühren, die krumm ging. So konnten wir sieben weitere Fische zu einem kurzen Landgang überreden. Auffällig war, dass viele Attacken tagsüber kamen. Dieses Wissen machten wir uns zu nutzen. Während die anderen Boote morgens rein fuhren, wechselten wir den Platz und machten die Fallen wieder scharf. Der Plan ging auf, die Stückzahl wurde etwas weniger, aber die Größe der Fische ging nach oben.

Schon im letzten Jahr konnte Sabrina ihren ersten deutschen 2 m+ Waller erfolgreich landen. Motiviert durch das Erlebte, wollte sie unbedingt einen noch größeren Fisch fangen … An einem Morgen, es war gerade hell geworden, vernahm ich eine schreiende Bremse. Die Rute lag auf gute 250 m umgelenkt im Holz. Ich nutzte die Sekunde und schnappte mir die zum Halbkreis gebogene Rute. Mit dem Schlauchboot über dem Fisch angekommen, machte dieser mächtig Druck und stand gut am Boden. Auch die starke Strömung nutzte der Fisch zu seinen Vorteilen und lies sich nur schwer nach oben pumpen. Nach anstrengenden Minuten schafften wir es dann doch und ein guter 2m+ Fisch kam an die Oberfläche. Auf der Rückfahrt vernahm ich einen ernsten Blick, ganz nach dem Motto „Den Fisch wollte ich fangen!“. Nach einem Kaffee später sah die Welt schon wieder anders aus und ich versprach ihr einen noch größeren Waller. Kaum war der Satz beendet, da ging die nächste Freestyle in die Knie: nach zehn kraftraubenden Minuten und einem strahlenden, rotem Gesicht von Sabrina, wusste ich, was da am Band hing. Sie gab alles und meisterte den Drill als hätte sie ihr Leben lang noch nichts anderes gemacht, Wahnsinn! Der Fisch hatte keine Chance… Wenige Minuten später hatten wir ein gutes 2 m-Doublett auf der Sandbank fotografiert und entließen sie wieder in die Fluten.

Die Woche hat wieder gezeigt, wer anders angelt und Bereiche sucht, die wenig bis nie befischt werden, ist klar im Vorteil. Wenn dann die Montagen auf dieses Bereiche und die Bedingungen angepasst sind, lässt der Erfolg nicht lange auf sich warten. Aber noch viel wichtiger war für mich die Erkenntnis, meine Freundin bei weiteren Touren mit einplanen zu können, denn sie hat sich besser geschlagen als manch anderer „Angler“, den ich schon auf dem Boot hatte.

Vielen Dank an meine Freunde Markus Eule und Jan Klösch aus der Waller-Welt. Es war mir wieder mal eine Ehre… ;-)

Black Cat – What else?!
Kevin Weiß