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09.11.2018

Ein Blue Marlin zum Geburtstag – Dich schickt uns der Himmel!

Viele Angler haben einen Traum: einmal in ihrem Leben einen der wohl begehrtesten Fische weltweit an die Angel zu bekommen – einen Blue Marlin! Ich zählte ebenfalls zu diesen Illusionisten und deshalb war es in diesem September endlich soweit: eine Woche Big Game Angeln auf den Azoren stand auf meinem Reiseplan!
Die Azoren sind eine Inselgruppe im Atlantik, die aus mehreren großen und kleineren Inseln besteht. Aufgrund des gemäßigten Klimas herrscht hier eine große biologische Vielfalt. Unter anderen ist diese Region berühmt für das Big Game Angeln auf Blue Marlin und wird deshalb auch „Home of the Giants“ genannt.

Wir machten uns nun also zu dritt auf die Reise. Dabei waren Matthias Steffan (Inhaber von welsboot.at), Hristo Atanasov (ein Mitarbeiter vom Team welsboot.at) und meine Wenigkeit. Ein weiteres Ereignis stand noch während dieser Reise an – mein Geburtstag! Ein passendes Geschenk hatte ich in meinen Vorstellungen schon! Wir würden sehen...

Den Trip buchten wir bei Lukas Volk, Habitat Sportfishing. Lukas ist ein Vollprofi und sein Spezialgebiet ist der Blue Marlin. Er ist einer der besten Männer und unschlagbar, wenn es um die Jagd nach dem König der Meere geht. Langjährige Erfahrungen, die er weltweit an den Hot Spots gesammelt hat, und ein gewisser Hang zum Extremen zeichnen ihn aus. Und sein Erfolg spricht für sich. Seit einigen Jahren verbringt er regelmäßig Zeit auf den Azoren.

Lukas setzt immer glasklar auf „Big Fish“. Mit halben Sachen ist er mit sich nicht mehr im Reinen. Sein Boot, die Habitat, liegt im Hafen von Faial/Horta. In der Küstenregion vor Horta wurden in den letzten Jahren sehr viele schwere Marline gefangen. Ich hatte bereits vor Reiseantritt Kontakt zu meinem Freund Lukas aufgenommen. Er berichtete mir, dass die Saison eher schleppend verlief und der Sommer (wie überall) extrem heiß war und damit auch die Wassertemperaturen für den Raubfisch lange Zeit viel zu hoch waren. Doch wir konnten ganz gelassen sein, denn die Temperaturen änderten sich gerade. Optimale Aussichten! Hochmotiviert traten wir die Reise an. Doch beim Zwischenstopp in Lissabon hatten wir schon das erste Problem.

Lukas hatte uns bereits vorgewarnt, die Flugverbindungen auf die Azoren waren extrem schlecht. Dass wir in Lissabon auf gepackten Koffern saßen, lag angeblich an einem Hurrikan, der gerade über dem Atlantik wütete. Das wäre ja noch verständlich gewesen. Doch am nächsten Tag ging wieder die gleiche Prozedur los, wir wurden weiterhin vertröstet und an den Hurrikan glaubte keiner mehr. Wir bekamen schließlich einen Flug auf die Azoren, aber auf eine andere Insel, von der wir wiederum auf einen Anschlussflug warten mussten. Im Endeffekt trafen wir zwei Tage verspätet am Abend in Horta ein. Zwei verlorene Angeltage! Wir wurden von Lukas empfangen und schnell waren wir wieder guten Mutes. Die Habitat lag vollgetankt bereit und wir konnten in See stechen. Am nächsten Morgen um halb 10 Uhr war es dann soweit. Kapitän Lukas erhielt Unterstützung von seinem Maat Martyn Matiba, der uns begreiflich machte, was im Fall eines Bisses zu tun war. Das Probesitzen im Fighting Chair fühlte sich auf jeden Fall schon einmal gut an.

Auf der Agenda standen acht Stunden klassisches Schleppangeln vor der Inselküste. Die Meerestiefe betrug hier um die 1000 Meter. Fünf Angeln wurden ausgelegt, die Köder oberflächennah präsentiert. Das Equipment war natürlich massiv, Angeln und Hauptschnur der 130-lbs-Klasse, Haken mit den Größen 9/0 und 10/0. Wir befanden uns in einer traumhaften Kulisse: Strahlender Sonnenschein und das Meer funkelnd, gierig und stechend blau.

Der Wellengang war ziemlich heftig, starker Wind bewegte die Wassermassen. Unsere Devise lautete: Bauchmuskeln anspannen und Fortbewegen nur unter der Berücksichtigung der „Drei-Punkt-Regel“, das heißt, immer mindestens an drei Punkten fixieren, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Lukas beobachtete stets mit Argusaugen das Meer. Die größte Schwierigkeit beim Marlinangeln besteht darin, dass die Tiere sich die meiste Zeit in der Mittelschicht des Wassers aufhalten und immer nur kurzzeitig zum Fressen in die obere Schicht vorstoßen. Die Beißphasen sind dementsprechend kurz. Lukas hielt Ausschau nach Vogelschwärmen über dem Wasser, diese sind oft ein deutliches Signal dafür, dass die Kleinfischschwärme von Jägern an die Oberfläche gedrückt werden. Das können natürlich auch Wale oder Delfine sein, die Chance auf einen Blue Marlin zu treffen, ist generell gering. Das setzt einen gewissen Spürsinn voraus.

Die Spannung bei Matthias, Hristo und mir war groß. Aufgrund meines Geburtstages am Tag danach hatte ich das große Los gezogen und durfte auf den Logenplatz. Der Vormittag verlief ruhig. Am Nachmittag querte Lukas immer wieder ein bestimmtes Areal, über dem die Möwen kreisten, wie Himmelsstürmer und vereinzelt sahen wir kleine Fische an der Oberfläche. Schlagartig kam der Biss. Die Spule surrte unbändig und mein Adrenalinspiegel schoss in die Höhe. Dann legte der Marlin auch gleich den ersten von vielen Sprüngen hin. Live vor unseren Augen! Es war phänomenal!

Maat Martyn holte blitzschnell die übrigen vier Angeln ein und ich platzierte mich im Fighting Chair. Sobald der Fisch aufgehört hatte, Schnur zu nehmen, legte Lukas den Rückwärtsgang ein und ich kurbelte. Das Ganze passierte so schnell. Als der Biss kam, wurde es reichlich hektisch an Bord, aber durch die vorherigen Instruktionen erlangte unsere Souveränität als erfahrene Angler schnell die Oberhand und es saß jeder Handgriff.

Der Fisch nahm immer wieder Schnur und wenn einmal nicht, kurbelte ich auf Teufel komm raus. Nervenkitzel vom Feinsten! Das Spektakel dauerte fast eine Dreiviertelstunde! Meine Muskeln brannten wie Feuer. Dann war der Augenblick gekommen, in dem Martyn den Blue Marlin zu fassen bekam. Heiß begehrt! Ein „gesellschaftsfähiges“ Exemplar von über drei Metern Länge. Die Freude an Bord war gewaltig. Ein Blue Marlin – Dich schickt uns der Himmel! Von wegen Illusion! Der Biss kam genau zur Blue Marlin Primetime auf den Azoren, nämlich um fünf Uhr am Nachmittag und mitten in dem Bereich, den Lukas fokussiert hatte.
Am folgenden Tag wiederum um Punkt fünf Uhr stieg der nächste Blue Marlin ein. Nun war Matthias an der Reihe. Wie am Vortag spielten sich ähnlich Szenen ab. Nach einem höchst bemerkenswerten Drill konnte ein weiterer Blue Marlin auf der Habitat gelandet werden. Petri Matthias! Absolut unsere Kragenweite.

Zugleich war es dann auch die letzte gute Nachricht, die ich von diesem Trip berichten kann. Seit unserer Ankunft auf den Azoren ging es mir gesundheitlich nicht so gut. Ich hatte starken Husten und die letzten zwei Tage verbrachte ich schlafend in der Kabine des Bootes. Am Abend meines Geburtstages musste ich mich schließlich in die Notaufnahme des Krankenhauses von Horta begeben. Verdacht auf Lungenentzündung. Die Reise war damit für mich beendet. Der Rückflug war anstrengend, doch es verlief Gott sei Dank alles nach Plan. Diese Woche hatte es in sich und wird mir wohl noch lange in Erinnerung bleiben – aus verschiedenen Gründen. Der Zauber, beim Anblick des springenden Königs der Meere, wird mich jedoch den Rest meines Lebens begleiten.

Euer
Johann Troppacher,
Team Black Cat