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04.10.2010

Mit einer "normalen" Multi auf Monsterbutt? Mit einer Quantum Maxum kein Problem!

Von Mike Luner, Rhino-Testangler
 
Schon lange träumte ich davon, mal einen fetten Heilbutt zu fangen. Ich hatte unzählige Norwegenvideos studiert, das Heilbuttbuch von Rainer Korn gelesen und mich mit Sven Weide vom Quantum Sea Team getroffen, der mir neben guten Tipps auch noch leihweise einen Teil seines Heilbuttgeräts mit auf den Weg gab.
 
Wer zum ersten Mal auf Fische angelt, die das eigene Körpergewicht leicht übersteigen können, möchte sich bei der Schnur-, Ruten- und Rollenwahl auf der sicheren Seite wissen. Zu ärgerlich wäre es, den ersehnten Traumfisch aus Leichtsinn und Unerfahrenheit gleich wieder zu verlieren. In Bezug auf Haken, Mundschnüre etc., hatte ich keinerlei Bedenken, denn alles war für 60lb+ ausgelegt. Svens Hauptschnüre waren Geflochtene zwischen 0,30 und 0,35 mm. Mir gut bekannt: Zum Lachsschleppen verwende ich ebenfalls eine 0,35 mm Geflochtene für die Planerboard- und die Dipsy-Diverruten und hatte deshalb zahlreiche Rollen mit der erforderlichen Schnurstärke parat.
 
Die geliehenen Rollen, eine Quantum Aruba 20, Fin-Nor OFC 16 und Quantum Cabo 60, fühlten sich stabil genug an, um ein Monster zu bezwingen. Meine eigene Multi, eine Quantum Maxum 520, wirkte dagegen sehr leicht und nahezu filigran.  Da ich aber auch Schleppen wollte und man das Fluggepäck natürlich begrenzen muss, landete auch eine Maxum im Koffer. Was sollte schon groß passieren? Die Spule ist ebenfalls aus Metall und die Bremse und Schnurführung hatten bislang bei den Lachsen stets tadellos funktioniert. Außerdem könnte ich die Rolle so einmal ultimativ auf ihre Tauglichkeit testen.
 
Auf den Lofoten (Væroy) angekommen, montierte ich alle Ruten- und Rollenkombinationen, die ich mitgebracht hatte. Zum ersten Testangeln nahm ich die Combo mit, die am besten in der Hand lag und sich für das erwartete, stundenlange Gummifischangeln mit Gewichten bis zu 400 g am besten zu eignen schien. Meine Wahl fiel auf eine Quantum World Champion Downtide Rute (20-30 lb) und eben die Quantum Maxum 520 mit Quattron PT Braid 0,35 mm, großem Meeresrollwirbel und einem 1,20 mm starkem und 1,5 m langem Back Cat Monovorfach. Dann ging es los auf See.
 
Meine Crew bestand aus Ben Brodrecht (8 Jahre) und Tamo Luner (7 Jahre). Die beiden Jungs holten einen Köhler bzw. Dorsch nach dem anderen heraus. Zum Glück hatte ich die Drillinge an ihren Pilkern auf Einzelhaken umgerüstet, so dass ich die Fische mit einer Hand befreien und mit der anderen einen 40 cm langen Seelachs am Giant Jig Head langsam auf und ab jiggen konnte. Wenn ich mal beide Hände frei hatte, was nicht sehr oft geschah, holte ich den Köder in treppenförmigen Bewegungen bis zur Oberfläche, um ihn dann wieder komplett zum Grund abzulassen.
 
Plötzlich gab es einen sanften Ruck in der Rute. Ich wartete noch zwei Sekunden, während ich über die Schnur spürte, wie sich etwas meinen Köder einverleibte und setzte dann einen kräftigen Anschlag. Zunächst keine Reaktion auf der Gegenseite. Es fühlte sich wie ein Hänger an, der sich dann aber gemächlich in Bewegung setzte. Das war er - mein lang ersehnter Heilbutt, den ich schon nach einer Stunde am ersten Angeltag vor Ort an den Haken bekam. Meine Begleiter - Frank Brodrecht und Boris Worm, waren an Land geblieben und bereiteten das Gerät für ihren nächsten Tauchgang vor, während ich die Zeit nutzte, um mit den Kindern das Revier zu erkunden.
Die Harpune und das mitgebrachte Gaff standen natürlich noch im Apartment. Ich war mir sicher, dass ich im Notfall die Guides von Wildwater über Funk zur Hilfe rufen könnte.
 
Nun begann der Tanz. Der Butt nahm ruhig Schnur und zog das Boot hinter sich her. Ich musste mehrfach um das Boot laufen um den richtigen Winkel zum Fisch halten zu können. Den Motor hatte ich ausgemacht und der Wind war zum Glück nur mäßig. Währenddessen fingen die Kinder weitere Köhler und Dorsche, die ich nebenbei, allerdings leicht angespannt, vom Haken befreite.
 
Nach einer halben Stunde schmerzten meine Arme, aber noch stärker mein Rücken. Ich war über dem Fisch. Die Füße waren an die Bordwand gestützt, die Rute bis zum Brechen gebogen. Haben Sie schon mal einen halbe Stunde lang eine schwere Hantelstange gehalten, ohne eine Ahnung, wann sie diese endlich ablegen können? So fühlte ich mich. Was machte ich hier. War das wirklich das, was ich mir vorgestellt hatte? Ich sagte den Kindern, dass sie nun ihre Angeln einholen sollten, da ich etwas echt Großes am Band hätte.
 
Mit einer Hand wählte ich mehrfach Franks Nummer, aber keiner ging ans Telefon. Über Funk rief ich Stefan Källström von Wildwater - auch keine Antwort. Ich überprüfte den Kanal und die Rauschregelung. Alles war korrekt eingestellt. Vielleicht waren sie auf der anderen Inselseite und in der Funkabdeckung. Noch hatte ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass mir jemand zur Hilfe kommen könnte.
 
Die Kinder munterten mich auf: "Du schaffst das!" - "Du bekommst den bestimmt raus!" Auf dem Echolot konnte man den Fisch erahnen. Es dauerte jeweils mehrere Minuten, bis ich ihn vom Grund hoch gepumpt bekam. In mehreren Stufen kam die Anzeige dichter zum Boot. Der Fisch brauchte allerdings immer nur wenige Sekunden, um als steiler Strich wieder zum Boden zurück zu schwimmen. Nach 50 Minuten hatte ich das erste Mal Blickkontakt mit dem Butt. Langsam löste sich der dunkelbraune Teppich vom grünen Wasser und man konnte deutlich seine Umrisse und seine Größe erkennen. "Schei… - wie soll ich den ins Boot bekommen."
 
Die Kinder standen ebenfalls mit aufgerissenen Mündern und staunenden Gesichtern da. Drei Sekunden später war der Butt wieder am 30 Meter entfernten Grund angekommen. Ich zückte erneut das Telefon, wählte zitternd die Nummer von Frank - keine Antwort. Auf meinen Funkruf erhielt ich ebenfalls keine Antwort.
 
Die Kinder sprachen mir wieder Mut zu. Ich musste diese Situation also alleine bewältigen. Wie der alte Mann und das Meer - zum Glück hatte ich die Kinder dabei. Ich musste ruhig bleiben und genau überlegen, was zu tun ist. Als ich das Boot am Morgen übernahm, hatte ich in alle Kisten und Schabs gespäht. Im vorderen Stauraum hatte ich einen riesigen Haken - ein Flying Gaff - mit einem langen Tampen gesehen. Ich wies die Kinder an, ihn mir zu bringen und die Schlaufe um die hintere Klampe zu legen.
 
Es kam die nächste Chance und der Butt lag neben dem Boot. Ich griff das 1,2 mm starke Vorfach und zog ihn behutsam noch näher ans Boot. Die Rute übergab ich beiden Jungs, mit der Anweisung sie auf keinen Fall loszulassen und nicht die Schnur zu berühren. Sanft führte ich den Haken in das Maul des Butts ein, um ihn nicht zu erschrecken und mit einem beherzten Ruck trieb ich ihn in den Unterkiefer.
 
Diese Behandlung gefiel ihm natürlich gar nicht. Wild schlagend zerrte er an dem einen Seilende und ich an dem anderen. Das Wasser wurde aufgeschäumt und spritze bis ins Boot. Der Butt drehte sich um die eigene Achse und ich hatte Angst, dass er sich losdrehen würde. Ich versuchte ihn deshalb schnell ins Boot zu ziehen. "Man, sind die Dinger schwer". Auf halbem Weg die Bordwand herauf versagten mir die Kräfte. Der Butt glitt zurück ins Wasser und begann wieder wild zu schlagen.
 
Ich bekam Angst, dass ich ihn jetzt verlieren würde. Ich konzentrierte mich auf die bevorstehende Kraftanstrengung, stützte mich mit einem Fuß an der Bordwand ab und mit der Kraft der Verzweifelung zog ich den Butt über die Bordwand, so dass er mit einem lauten Klatsch im Boot landete. Ich weiß nicht, vor was sich die Kinder mehr erschreckten: War es der um sich schlagende Heilbutt oder mein Jubelschrei, als ich wusste, dass ich es geschafft hatte. Nach einigen harten Schlägen auf den Kopf gab er zunächst Ruhe. Sofort startete ich den Motor. Fast zeitgleich rief Frank an. Diesmal war ich es, der nicht ans Telefon ging. Stattdessen schob ich den Gashebel nach vorne.
 
Auf dem Weg, zum nur wenige Minuten entfernten Hafen kam uns ein Motorboot entgegen und ich bat die Besatzung noch schnell ein paar Fotos von uns und dem Butt zu schießen. Am Steg wartete man schon auf uns. Ich wollte die anderen natürlich überraschen, aber die Kinder schrieen beim Anlegen schon alles heraus: "Wir haben einen Riesenbutt gefangen!" Nach ausgiebiger Fotosession wurde der Butt mit vereinten Kräften zur Waage geschleppt. 171 cm und 68 kg - nicht schlecht für unseren ersten Butt. Dieses Erlebnis werden die Jungs und ich wohl nicht so schnell vergessen.
 
Erst beim Fotografieren kam mir die Geräte-Combo wieder in den Sinn. Ich hatte diesen Riesenbutt tatsächlich mit meiner Trollingrolle bezwungen. Die Bremse hatte auch diesmal ohne Rucken einwandfrei gearbeitet, wie ich es vom Lachsangeln her kenne. Die Getriebeübersetzung war stark genug, dem Butt Meter um Meter abzuringen. Da ich die Schnur bis an ihre gefühlte Grenze belastet hatte, hätte mir auch eine größere Rolle nicht besser helfen können. Der Levelwind hatte die Lagen einwandfrei ab- und wieder aufgespult, ohne Überläufer oder schräge Schnurbahnen zu produzieren. Nach diesem Härtetest steht für mich fest, dass die Maxum ein kompaktes, zuverlässiges Kraftpaket ist, dass selbst einem großem Heilbutt Paroli bieten kann.